21.08.2015
Baden-Württemberg verbessert Fachlehrerausbildung
Verlängerte Ausbildungszeit soll mehr Praxisanteile und neue Schwerpunktsetzungen ermöglichen – etwa in der Inklusion oder im Umgang mit Heterogenität
„Guter Unterricht hängt in erster Linie von guten Lehrerinnen und Lehrern ab. Deshalb ist es eines unserer zentralen Anliegen, die Lehrerausbildung qualitativ so weiterzuentwickeln, dass sie den Anforderungen unserer modernen Gesellschaft auch in Zukunft gerecht werden kann“, betont Kultusminister Andreas Stoch anlässlich der geplanten Neugestaltung der Ausbildung von sonderpädagogischen Fachlehrkräften und Technischen Lehrkräften sowie musisch-technischen Fachlehrkräften. Die neue dreijährige Ausbildung startet in beiden Ausbildungsgängen im September 2016.
Kern der Neugestaltung ist, die Ausbildungsdauer von derzeit eineinhalb Jahren (für sonderpädagogische Fachlehrkräfte und Technische Lehrkräfte) beziehungsweise zwei Jahren (für musisch-technische Fachlehrkräfte) auf einheitlich drei Jahre zu verlängern. Damit soll den erweiterten Anforderungen an diese Berufsgruppe Rechnung getragen werden, etwa im Hinblick auf den Umgang mit Heterogenität und die Umsetzung inklusiver Bildungsangebote. Ein zentrales Ziel der Ausbildungsreform ist es, Fachlehrkräfte und Technische Lehrkräfte für die Arbeit in multiprofessionellen Teams zu qualifizieren. In Form von Modulen soll die Ausbildung der Fachlehrkräfte und Technischen Lehrkräfte deshalb stärker an die entsprechenden Lehramtsstudiengänge angelehnt werden.
Mehr Schulpraxisanteile als bisher
Bislang unterrichten angehende sonderpädagogische
Fachlehrkräfte und Technische Lehrkräfte im zweiten und
dritten Ausbildungshalbjahr vier Wochenstunden selbstständig.
Angehende musisch-technische Fachlehrer erteilen derzeit keinen
selbstständigen Unterricht; aus Sicht des Kultusministers
besteht deshalb Handlungsbedarf: „So wie wir unsere
wissenschaftlich ausgebildeten Lehrkräfte auf die
Unterrichtswirklichkeit vorbereiten, müssen wir auch die
angehenden Fachlehrkräfte für die spätere berufliche
Praxis qualifizieren“, erläutert Stoch. Im Zuge der
Ausbildungsreform werden deshalb die Schulpraxisanteile für
sonderpädagogische Fachlehrkräfte und Technische
Lehrkräfte von vier auf acht Wochenstunden verdoppelt.
Für musisch-technische Fachlehrkräfte ist künftig
elf Wochenstunden selbstständiger Unterricht vorgesehen.
Ausbildung vertiefen und erweitern
Die längere Ausbildung bietet außerdem Raum, die
theoretischen Inhalte zu vertiefen. In beiden
Ausbildungsgängen setzen sich die angehenden Lehrerinnen und
Lehrer künftig mit dem Unterrichten von heterogenen
Schülergruppen, mit Diagnostik und individueller
Förderung sowie mit Modellen und Konzepten inklusiven
Unterrichtens auseinander. Neu ist auch, dass musisch-technische
Fachlehrkräfte künftig vertiefend auf fachdidaktische
Modelle und Konzepte der Realschule und Gemeinschaftsschule
vorbereitet werden.
Die Ausbildung der sonderpädagogischen Fachlehrkräfte und Technischen Lehrkräfte nimmt künftig stärker die Kooperation mit frühkindlichen Bildungseinrichtungen sowie den Übergang von Schule und Beruf in den Blick. Deutlich mehr Gewicht in der Ausbildung bekommen die Fächer Deutsch und Mathematik. Einen weiteren Ausbildungsschwerpunkt bildet der Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit Mehrfachbehinderungen. „Sonderpädagogische Fachlehrkräfte und Technische Lehrkräfte leisten 80 Prozent des Unterrichts für Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung. Das zeigt, wie wichtig diese Lehrerinnen und Lehrer für unsere Schulen und für die Inklusion sind. Mit der Ausbildungsreform wollen wir diese Berufsgruppe stärken, so dass künftig auch allgemeine Schulen von ihrer sonderpädagogischen Expertise profitieren“, sagt der Minister.
Weitere
Informationen
Die Ausbildung zur sonderpädagogischen Fachlehrkraft und
Technischen Lehrkraft sowie musisch-technischen Fachlehrkraft
eröffnet Menschen mit mittlerem Bildungsabschluss und
abgeschlossener Berufsausbildung den Zugang zum Lehrerberuf. Sie
stellt damit auch ein Modell im Hinblick auf lebenslanges Lernen
und berufliche Weiterentwicklung dar. Fachlehrkräfte und
Technische Lehrkräfte bereichern aufgrund ihrer Berufs- und
Lebenserfahrung die pädagogische Arbeit der Schulen.
Sonderpädagogische Fachlehrkräfte und Technische Lehrkräfte unterrichten an Schulen für Geistigbehinderte und Körperbehinderte sowie im Rahmen der Inklusion künftig auch verstärkt in allgemeinen Schulen. Ihre Ausbildung erfolgt am Pädagogischen Fachseminar Karlsruhe, Abteilung Sonderpädagogik mit einer Außenstelle in Freiburg, am Fachseminar für Sonderpädagogik Reutlingen und ab 2016 auch am Pädagogischen Fachseminar Schwäbisch Gmünd, Abteilung Sonderpädagogik mit einer Außenstelle in Heilbronn.
Mögliche Einsatzbereiche von musisch-technischen
Fachlehrkräften sind Schulen, an denen ein
Hauptschulabschluss, ein Realschulabschluss oder ein jeweils
gleichwertiger Bildungsstand erreicht werden kann, sowie
Grundschulen. Musisch-technische Fachlehrkräfte werden an den
Pädagogischen Fachseminaren Karlsruhe, Schwäbisch
Gmünd und Kirchheim/Teck ausgebildet.
Infos auch unter www.seminare-bw.de/Fachseminare